Archiv 2023
BEGEGNUNGEN
Kollwitz aushäusig
Eine Schau kostbarster sakraler Kunst in Verbindung mit ernsten, oft erschreckend realistischen Zeichnungen, Druckgrafiken oder Plastiken aus der Hand von Käthe Kollwitz – kann das funktionieren?
Käthe Kollwitz Frau mit totem Kind, 1903, Strichätzung, Kaltnadel, Schmirgel und Vernis mou mit Durchdruck von geripptem Büttenpapier und Zieglerschem Umdruckpapier, Kn 81 VIII a, Bildquelle © Käthe Kollwitz Museum Köln |
Durchaus! Wer diese bemerkenswerte Kombination von Leiden, Tod, Abschiednehmen und einzigartiger Kirchenkunst wie Reliquiare, Gewänder und Insignien von Erzbischöfen sehen will, sollte sich in die Kölner Domschatzkammer begeben.
In den historischen Kellergewölben des 13. Jahrhunderts zeigt unter dem Titel „Begegnungen. Käthe Kollwitz zu Gast in der Kölner Domschatzkammer“ das Käthe Kollwitz Museum mehrere Werke der berühmten Künstlerin parallel zu den einzigartigen Schätzen sakraler Kunst. Grund für die Nutzung des historischen Kirchenortes: Die Ausstellungsräume des Kollwitz Museums in der Kölner Neumarkt Passage werden derzeit renoviert.
Käthe Kollwitz Pietà (Mutter mit totem Sohn), 1937–1939, Bronze, Seeler 37 II.B.1., Bildquelle © Käthe Kollwitz Museum Köln, Foto: Goldberg / Fuis
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Der mutige Schritt in die Domschatzkammer ist nicht so ungewöhnlich, wie er auf dem ersten Blick erscheint. Denn Käthe Kollwitz, die zu den bedeutendsten deutschen Künstlerinnen des frühen 20. Jahrhunderts zählt, ist dafür bekannt, dass sich ihre Motivik „immer wieder an die christliche Ikonografie“ anlehne, wie es Museumsdirektorin Katharina Koselleck betonte.
Immer wieder nutzte die Künstlerin Bildideen der mittelalterlichen, kirchlich geprägten Kunstgeschichte – etwa das Motiv der Pietà oder Schutzmantelmadonna. Allerding seien diese bei Kollwitz, wie es in der Ausstellung heißt, nicht als Illustrationen religiöser Inhalte zu verstehen. Vielmehr greife sie Bildtraditionen auf und übersetze sie in einen weltlichen Zusammenhang.
Die Leiterin der Kölner Domschatzkammer, Leonie Becks, erklärte sich höchst erfreut darüber, Werke dieser großartigen Künstlerin in der Domschatzkammer zu Gast zu haben: „Mit ihren bewegenden Bildwerken zum Themenkreis Abschied und Tod spricht sie menschliche Grunderfahrungen an, die auch in der christlichen Ikonografie eine wichtige Rolle spielen.“ Die - kleine - Ausstellung deckt einen Schaffenszeitraum von etwa 40 Jahren ab und zeigt die intensive Beschäftigung von Käthe Kollwitz mit diesen Bildideen.
Käthe Kollwitz Mutter, sich über ihre bedrohten Kinder stürzend, (Fliegerbombe), 1924/1925, Pinsel in Schwarz, NT 960, Bildquelle © Käthe Kollwitz Museum Köln |
Angst vor Verlust, Abschiednehmen und Tod als künstlerische Sujets begleiteten Käthe Kollwitz (1867–1945) über viele Jahrzehnte ihres Schaffens. Vor allem in diesen Werken gelinge es ihr, allgemein Menschliches in eindringlicher Weise zum Ausdruck zu bringen, wie es in der Schau heißt. Bis heute identifizierten sich Betrachterinnen und Betrachter mit ihren Arbeiten und fänden sich darin wieder, erklärten die Kuratoren.
„Ich will wirken in dieser Zeit“ schrieb Käthe Kollwitz 1922 im Hinblick auf die von ihr gestalteten Plakate und Flugblätter mit gesellschaftspolitscher Intention. Doch lasse sich diese Aussage auch auf ihre künstlerische Auseinandersetzung mit Werken aus dem Themenkreis Abschied und Tod beziehen.
„In Kollwitz‘ Bildfindungen fühlen sich Betrachterinnen und Betrachter emotional angesprochen und verstanden, besonders vor dem Hintergrund schmerzhafter Erlebnisse und Erinnerungen“, betonte Katharina Koselleck bei der Eröffnung der Ausstellung.
rART/K2M
Die Ausstellung „Begegnungen. Käthe Kollwitz zu Gast in der Kölner Domschatzkammer“ kann bis zum 10. September 2023 besucht werden.
KÖLNER DOMSCHATZKAMMER
Domkloster 4
50667 Köln
Öffnungszeiten
täglich 10 – 18 Uhr
► Eingang
Die Schatzkammer befindet sich an der Nordseite des Domes (Bahnhofsseite). Im Dom selbst befindet sich ein Eingang zur Schatzkammer im nördlichen Querhaus. Die Schatzkammer ist behindertengerecht ausgestattet.
► Eintritt
Der Besuch der Domschatzkammer kostet Eintritt, die Ausstellung ist frei. Die Anzahl der Plätze in der Kollwitz-Ausstellung ist begrenzt.
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