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rheinische ART 04/2024

Archiv 2024

FOTOGRAFIE
Mikrokosmos Sitzbank

Wenn Sitzbänke Geschichten erzählten könnten, gäbe es so manches zum Staunen, Schmunzeln und Amüsieren. Denn das geschätzte Möbelstück hat im Zwischenmenschlichen stets eine markante und nicht selten kuriose Rolle gespielt.

Die Bank also als Schauplatz von Geschichten? 28 namhafte Fotokünstlerinnen und -künstler haben das, was sich alltäglich auf Park-, Garten-, Ruhe- oder Kirchenbänken – neuerdings auch in sonnenreichen Regionen auf Solarsitzbänken – so zutragen kann, mit unterhaltsamen Lichtbildern festgehalten. Zu sehen sind rund 150 Werke zu dem Allerwelt-Sitzort in der treffend betitelten Ausstellung „Bankgeheimnisse“ im Fotografie Forum Monschau.

Es ist eine kurzweilige Schau, die Kuratorin Nina Mika-Helfmeier zusammengestellt hat. Neben klassischer Street Photography reihen sich ebenso Portraitfotos berühmter Persönlichkeiten, wie Bob Dylan oder Marilyn Monroe, und inszenierte Fotografien von Nobodys aneinander.

     Die Fotografien der Sitzbänke, ob als Raum- oder Stadtmöblierung, zeigen für sich abgeschlossene Geschichten, die die Imaginationskraft der Betrachtenden herausfordere, wie es in Monschau heißt.

     Viele der dargestellten Szenen entbehren nicht eines gewissen Humors, sind sozusagen herzzerreißend, wie das ausstellende Haus betont: „Viele in der Ausstellung vertretene Fotografen lieben skurrile Alltagsszenen, aus denen sich eine natürliche, nicht erzwungene Komik ergibt.“

     Das ist auch die optische Würze dieser Bilderschau. Schließlich fungiert die Sitzbank nicht selten als eigener Mikrokosmos im öffentlichen Raum, in dem spannende Begegnungen stattfinden, die manches Mal fast surreal anmuten.

Die Liste der ausgestellten Fotokünstler ist namhaft. Sie reicht vom legendären Kriegsfotografen Robert Capa (mehr), dem Fotojournalisten und Portraitisten Alfred Eisenstaedt (mehr) und dem US-Magnum- und Prominentenfotograf Elliot Erwitt bis zum Fotoreporter und Dokumentarfilmregisseur Thomas Hoepker und zur Grande Dame der deutschen Pressefotografie Barbara Klemm (mehr).

     Klemms Arbeit Stuttgart 1972 führt zum Beispiel drei im Park schlafende Personen durch die fotografische Linse mit einer antiken Skulptur zusammen. Bei dieser unbeabsichtigten Begegnung stellt sich die Frage, welche der Figuren eigentlich lebendig ist und warum sich zwischen ihnen eine Art seltsame Verwandtschaft lesen lässt.

Dass ein Sitzmöbel ebenso als Ort der inneren Einkehr fungieren kann, zeigt eindrucksvoll Thomas Hoepkers Aufnahme eines älteren Herren im Ritan Park in Beijing (Peking). Mit seiner Pfeife hat er es sich auf einer Parkbank gemütlich gemacht. Sogar seinen Vogel hat er aus dem kleinen Käfig genommen und scheint mit ihm ein geistiges Zwiegespräch zu führen. Durch die Sonne in besonders stimmungsvolles Licht getaucht, strahlt diese Hoepker-Fotografie eine erstaunliche Ruhe aus.

     Sie wirft aber ebenso Fragen danach auf, wo solche Oasen in unserer heutigen hektischen Welt noch zu finden sind.

     Die Sitzbank dient innerhalb der Ausstellung als Ausgangspunkt, um Humorvolles, Skurriles aber auch Melancholisches sowie Aufrüttelndes zu entdecken. Da dem Besucher das Motiv nur allzu gut aus dem eigenen Alltag bekannt sein dürfte, bieten sich zahlreiche  Anknüpfungspunkte, um tief in die Bilder einzutauchen und in einen empathischen Dialog mit den Dargestellten zu treten.

rART/ K2M

► Apropos das Rheinland und sein Bank-Wesen: Freunde des Möbels müssen nicht weit reisen, um eine der bemerkenswertesten Sitzgelegenheit hierzulande zu nutzen. Im Solinger Schloss Burg, der berühmten Höhenburg über dem Wupperfluss, befindet sich die längste aus einem einzelnen Fichtenstamm gefertigte Sitzbank der Welt. Die „Naturstammbank“, wie sie holztechnisch typisiert wird, misst rund 22 Meter. In diesem Fall ist es kein Geheimnis!

Die Ausstellung Bankgeheimnisse ist bis zum 16. Juni 2024 geöffnet.

Fotografie-Forum der StädteRegion Aachen in Monschau
Austraße 9,
52156 Monschau
Tel. 02472 - 803194
Öffnungszeiten:
DI - FR 14 – 17 Uhr
SA, SO 11 – 17 Uhr
Der Eintritt ist frei