DAS BILD WURDE AUS ©GRÜNDEN ENTFERNT.
August Sander porträtierte 1926 seinen Sohn mit dem typischen ernsten "Erich-Blick", den Kopf leicht nach vorn gebeugt. Nicht von ungefähr hatte Erich Sander seine linke Hand zur Faust geballt, er stellte damit einen Bezug zum Rot-Front-Gruß der KPD her. © Die Photographische Sammlung/ SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn 2015
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Archiv 2015
ERICH SANDER: GEFÄNGNISFOTOGRAF
Der Standhafte
Er war Widerständler, Zuchthäusler und heimlicher Fotograf des Gefängnisalltags im NS-Regime. Als Mitglied der Sozialistischen Arbeiter-Partei Deutschlands (SAPD) beteiligte sich Erich Sander, ältester Sohn des weltberühmten Kölner Fotografen August Sander, aktiv am politischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
Derzeit erinnert das Kölner NS-Dokumentationszentrum am Appellhofplatz mit einer bemerkenswerten Sonderausstellung an den Regimegegner und Untergrund-Aktivisten. Erich Sander starb mit 41 Jahren, nach fast vollständiger Verbüßung einer zehnjährigen Zuchthausstrafe wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“, im März 1944 in der Haftanstalt Siegburg. Erich Sander hatte während der gesamten Zeit hinter Gittern seine Widerstandstätigkeit nicht eingestellt. Rund 60 Briefe und annähernd 200 heimliche Fotografien des Haftalltags, die der unbeugsame NS-Bekämpfer in seiner Funktion als Gefängnisfotograf anfertigen konnte, wurden von Mithäftlingen aus der Strafanstalt geschmuggelt.
August Sander Werkstudenten, 1926, Silbergelatineabzug auf Papier, 190 x 250 mm, Künstlerzimmer Tate und National Galleries of Scotland; Anthony d'Offay 2010 Fasten AL00058 © Photographische Sammlung/ SK Stiftung Kultur - August Sander Archiv, Köln; DACS, London, 2013. |
Erich Sander wurde 1903 in Linz, Österreich, geboren und wuchs ab 1910 in Köln auf, wohin die Eltern umgezogen waren. Er wurde bereits in jungem Alter durch seine Lehrer mit den Ideen der Freidenker-Bewegung bekanntgemacht. Auch das weltoffene Elternhaus, in dem Persönlichkeiten des öffentlichen Kunst- und Kulturlebens ein- und ausgingen, trug zu seiner frühen Politisierung bei.
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Erich Sander in der Lazarettzelle, wahrscheinlich 1942/43. Foto Erich Sander. © Die Photographische Sammlung / SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn 2015
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Erich Sander beim Lesen, zwischen 1938 und 1944. Das Selbstportrait ist in der Bildsprache des Vaters angelegt. Der Sohn hatte den Wunsch, nach Ende der NS-Zeit das väterliche Werk („Menschen des 20. Jahrhunderts“) fortzusetzen. Foto Erich Sander © Die Photographische Sammlung/ SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn 2015
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Nach vorheriger Mitgliedschaft in der kommunistischen Jugend trat der engagierte Marxist 1924 der KPD bei, aus der er nach seiner Kritik an der Parteilinie im Januar 1929 ausgeschlossen wurde. 1932 wurde Erich Sander Mitglied der Kölner SAPD und stieg schnell zu einer Führungsperson auf.
Den politischen Kampf gegen die Nazis setzte er auch nach dem Verbot der Partei im Untergrund fort, etwa in Form von Schulungsarbeiten für die SAPD und von Schmuggel verbotener Zeitungen.
Seiner Verhaftung im September 1934 bei der Verteilung von Flugblättern folgte 1935 ein Prozess in Hamm, der mit dem Urteil zu einer zehnjährigen Zuchthausstrafe abschloss. Während der Haft, zuletzt im Zuchthaus Siegburg, fotografierte Sander Häftlinge für den Erkennungsdienst. Die Tätigkeit ermöglichte es ihm, heimlich Aufnahmen des Gefängnisalltages anzufertigen. Erich Sander starb aufgrund einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung durch eine verschleppte Blinddarmentzündung.
Rund 50 zum Teil noch nie öffentlich gezeigte Fotografien von August Sander dokumentieren Erichs Kindheit und Jugend sowie das familiäre und künstlerisch-politische Umfeld. Ein Teil der fast 40 Fotografien von Erich Sander verdeutlichen den Einfluss des Vaters auf das fotografisches Werk des Sohnes.
Die Ausstellung "Erich Sander als Häftling und Gefängnisfotograf im Zuchthaus Siegburg 1935-1944" wird bis zum 31. Januar 2016 gezeigt.
NS-Dokumentationszentrum