Archiv 2014
WOLF RÖHRICHT
Der noble Ästhet
Er mochte etwa Mitte zwanzig gewesen sein, als er nach eigenem Bekunden erkannte, „dass die Frage des Künstlertums in erster Linie eine Charakterfrage“ sei. Er sah eine „gewisse Charakterstärke“ als ebenso wichtig an wie „das sogenannte Talent“. Der, der so sprach war angehender Dr. jur. und spätberufener Maler.
Plakat zur Ausstellung
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Der schlesische Künstler Wolf Röhricht (1886-1953) hinterließ ein breites Gesamtwerk mit Zeichnungen, Ölbildern, Lithografien und Holzschnitten. Bekannt wurde er vor allem für die meisterhaften Aquarelle in der Nass-in-Nass-Technik und seine markante Themenwahl. Denn unabhängig von jeglicher Kunstströmung widmete er sich über vier Jahrzehnte konsequent den Impressionen der Landschaft sowie der Portrait- und Industriebildmalerei: harmonisch, virtuos, oft farbenfroh, fast immer atmosphärisch und stimmungsreich. Die „heroischen“ Industrieanlagen, die großen oberschlesischen Hüttenwerke und Hochöfen, hatten es ihm besonders angetan. Noch Jahre später bekannte er, dass er von diesem Thema nicht mehr loskomme, - „und ich werde es wohl nie ausschöpfen.“
Haus Schlesien Mehrere Ausstellungen präsentierten Röhricht in den letzten Jahren in Deutschland und Polen. Jetzt ist er wieder im Haus Schlesien in Bonn mit der Sonderveranstaltung „Licht und Landschaft“ zu sehen. Seit mehr als 15 Jahren befinden sich im Haus Schlesien große Teile des künstlerischen Nachlasses von Wolf Röhricht. Die aktuelle Schau zeigt eine Auswahl von teils noch nicht ausgestellten Aquarellen seiner Reiseimpressionen, hierunter auch einige Großformate.
Röhrichts Talent und Strebsamkeit in Sachen Kunst waren früh erkennbar. Mit 16 Jahren kopierte er „mit der diesem Alter eigenen Zuversicht einen Frans Hals“, wie er 1921 in einer selbst verfassten Vita in „Das graphische Jahr“ des Berliner Verlags Fritz Gurlitt bekannte. Aber statt Kunst hatte die Familie ein standesgemäßes Jura-Studium verordnet. Dennoch: 1905, als junger Student der Jurisprudenz in München, eignete sich Röhricht parallel in einem Kunststudium das Aquarellieren in der privaten Malschule von Heinrich Knirr an. „Ich war … häufiger in dem Aktsaal von Knirr als in den Münchener Hörsälen zu finden“, berichtete er rückblickend.
Es hatte ihm nicht geschadet. Es folgten Studienreisen nach Frankreich, wo er sich für die Impressionisten, Fauves und Nabis begeisterte. 1913 promovierte Röhricht in Jura. Gut neun Jahre später hingen drei seiner Werke bereits in Berlin mit denen namhafter Zeitgenossen wie Barlach, Beckmann, Macke und Liebermann in der ersten Secession-Ausstellung. Es war ein vergleichsweise rasanter Erfolg. Die Juristerei, soviel war klar, sollte nicht sein Lebensinhalt werden.
Winterliche Impression: Wolf Röhricht beim Malen in der kalten Natur, Foto: Haus Schlesien |
Eiskristalle In seiner künstlerischen Biographie spielte schließlich das Aquarell eine besondere Rolle. Er entwickelte es während seiner langjährigen künstlerischen Tätigkeit zu hoher Abstraktion und mittels der speziellen Technik erzielte er bei seinen Aquarellen eine einzigartige Ausdruckskraft. Häufig malte Röhricht bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, so etwa im heimischen Riesengebirge oder in den Alpen; die Aquarellfarbe gefror auf dem Papier. Die so entstandenen Farbkristalle wurden im Atelier aufgetaut, die „Frostspuren“ stellten eine interessante Variante in der Maltechnik dar. Die komplizierte und sensible Technik des Aquarellierens verfeinerte Wolf Röhricht über die Jahre hinweg. Seine genauen Vorstellungen von Komposition und exzellenter Technik ließen Aquarelle entstehen, die nicht nur bezüglich des Formates mit Ölbildern konkurrieren konnten.
► Ab 1938 wurden Werke Röhrichts als „entartet“ aus den Museen entfernt. Viele seiner Frühwerke gingen gegen Kriegsende bei Auslagerungen verloren. Wolf Röhricht wohnte ab 1941 in München und wurde dort nach dem Kriege Mitglied der Münchner Sezession. Ab 1948 bis zu seinem Tode war er im Vorstand der Ausstellungsleitung des Münchner Hauses der Kunst.
cpw
Die Ausstellung „LICHT UND LANDSCHAFT Aquarelle von Wolf Röhricht (1886-1953)“ ist bis zum 9. März 2014 zu sehen.
Haus Schlesien
Deutsches Kultur- und Bildungszentrum e.V.
Dollendorfer Straße 412
53639 Königswinter-Heisterbacherrott
Tel. 02244 / 886-0
Öffnungszeiten
DI – SO 7.30 – 23.00 Uhr