rheinische ART
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rheinische ART 06/2016

Archiv 2016

 

66 BETON-BODIES
Nicht alltägliche Alltagsmenschen

 

Sie stehen fast überall, die Betonfiguren. An der Rheinpromenade, am Froschteich wie auch auf dem Marktplatz. Kunst im öffentlichen Raum ist in der kleinen Rheinstadt Rees zu sehen, integriert in das historische Stadtbild. Es sind Eye-Catcher!

 

Christel Lechner Alltagsmenschen „Surferinnen“ an der Rheinpromenade in Rees Foto © Stadt Rees, Kulturamt, 2016. Oben:  Christel Lechner Alltagsmenschen „Hütchenmänner“ Foto © C. Lechner 

 

Alltagsmenschen nennt sie ihre Schöpferin. Es sind allesamt in der Tat Menschen des Alltags, aber alltäglich sind sie längst nicht.

     Es ist die Kunst der Wittener Bildhauerin Christel Lechner (*1947), die dem Besucher oder Ortsbewohner von Rees derzeit unwillkürlich ins Auge fällt. Im Stadtbild an 23 Stationen entlang eines zwei Kilometer langen Rundgangs installiert, stellen die Figuren aus Beton alltägliche Lebenssituationen dar. Einfühlsam und bemerkenswert ausgearbeitet, nicht etwa in den rauen Baustoff Beton gegossen, sondern geformt und modelliert mit Kelle, Spachtel und Spatel.

 

Christel Lechner Alltagsmenschen „Schwimmerin“ an der Rheinpromenade in Rees Foto © Stadt Rees, Kulturamt, 2016

 

Christel Lechner Alltagsmenschen „Polonaise“ auf dem Markplatz von Rees Foto © Stadt Rees, Kulturamt, 2016 

 

Christel Lechner mit Betonskulptur. Die aus Iserlohn stammende Künstlerin ist Keramikmeisterin. Ihre Alltagsmenschen stellt sie seit 1996 im öffentlichen Raum aus. Foto © C. Lechner

 

Lechners Beton-Bodies werden erstmals am unteren Niederrhein gezeigt. Die Künstlerin, die sich seit 1988 mit dem Material Beton befasst und überlebensgroße Skulpturen als ihr Markenzeichen etabliert hat, präsentierte ihre „Alltagsmenschen“ bereits seit Jahren an prominenten Orten: von Berlin über Köln bis Straßburg.

     Es sind sympathische, liebenswerte Figuren, wie sie das Leben eben so schafft. Alltäglich im Ausdruck, nie vollkommen in ihrer Erscheinung, jenseits aller Glamour-und Schönheitsideale des Mainstreams, „Normalos“ im Neu-Sprech-Jargon. Oder anders gesagt: Menschen wie du und ich!

 

Damit tritt die Künstlerin eigener Aussage zufolge ganz gezielt dem verbreiteten Schönheitskult entgegen. „Gesichter, die eine Geschichte zu erzählen haben, sind viel spannender als ein perfekter Teint und eine makellose Haut.“ Deshalb haben ihre Beton-Menschen nie traumhafte Modelmaße oder fehlerfreie und faltenlose Körper, sind auch füllig, gemütlich rundlich, gleichwohl freundlich und dem Betrachter zugewandt.

     Das macht sie auf Anhieb so „menschlich“. Und diese menschliche Gelassenheit im Ausdruck dürfte eines der Geheimnisse um die Ausstrahlung dieser vielfach in Gruppen inszenierten Beton-Skulpturen sein. „Meine Alltagsmenschen zeigen das gelebte Leben, das zeigen ihre Gesichter, ihre ganze Haltung“, wird Lechner von der Stadt zitiert.

 

Christel Lechner Alltagsmenschen „Waggonfrauen“ Foto © C. Lechner


Originelle Perspektiven Die Wirkung von Christel Lechners Alltagsmenschen ist vor allem dann besonderes stark, wenn sie ihre Figuren, zwischen 1,70 und 2,50 Meter Größe, als Karikaturen, humorvoll und skurril, als kleine Inszenierungen in völlig ungewöhnlicher, fremder Umgebung arrangiert. Mit kontrastreichen Hintergründen und Umgebungen erzeugt die Künstlerin die gewünschte Spannung und Aufmerksamkeit. Frauen unter der Frisierhaube auf dem Güterbahnhof etwa, oder als „Passagiere“ oder Wartende auf Bahn-Kesselwagen oder Güterwaggons – es sind kleine Arrangements mit großer Wirkung.
rART/K2M

 

Die Installationen in Rees werden länger als geplant gezeigt. Nun sind sie bis zum 28. August 2016 zu sehen.

 

 

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