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rheinische ART 12/2014

Archiv 2014

KÖLNER STIPPVISITE

Häutung

 

New York trägt in seinen Bildern keine Gloriole. Es gibt keine Verklärung, keinen Glamour für die Stadt, die niemals schläft und als Ort den mythischen Ruf der Freiheit genießt. AVone, Street Art-Künstler aus New York, sieht seine Stadt mit den Augen eines Insiders, der auf anderes als schöne Fassaden blickt.

 

AVone The New Yorker (Ausschnitt), Gemälde auf Leinwand ©AVone, Courtesy 30works

 

Künstler sind die Kritiker der Gesellschaft und oft auch der Politik. Manchmal darf man auch sagen: Aufpasser, denn sie registrieren Veränderungen – sei es im guten wie im schlechten Sinne -, bevor andere ihrer bewusst werden. So auch Anthony Vasquez, der seinen Sprayernamen AVone aus seiner frühen illegalen Szenezeit mitgenommen hat in eine Öffentlichkeit, die in ihm ein künstlerisches Ausnahmetalent sieht.

 

AVone Masterpiece 2, Mixed Media ©AVone, Courtesy 30works

 

AVone Gutter, Gemälde auf Leinwand, Foto ©AVone, Courtesy 30works

In der Galerie 30works hat der junge Künstler, der in den USA zu den prominentesten Vertretern zeitgenössischer Pop-Art zählt, seine europaweit erste Soloausstellung mit dem Titel „AVone – The New Yorker“. AVone war zur Eröffnung angereist und wer ihm begegnete, sah sich einem Menschen gegenüber, der gerne pflichtbewusst das tat, was so erwartet wird: Lächeln, Händeschütteln, Oh yes sagen, Plakate signieren ... Dabei führt er den Stift gerade auf dem Papier, holt zum Schreiben die Kraft eher aus dem Arm, nicht aus dem Handgelenk. So schreiben Menschen, die Größe gewohnt sind.


Jugend- und Gangkriminalität, Drogenhandel und Gewalt, die ihm in seinen Lebenslauf geschrieben wurden, sind zumindest äußerlich spurlos an ihm vorbeigegangen. Allein sein Outfit, eine gemäßigte Version typischer Hip Hop-Kleidung, lässt noch den Verdacht einer Street Art-Kultur zu. Er ist nicht laut, nicht hektisch, aber schnell, sehr aufmerksam und irgendwie - behutsam.

 

Es ist eine Behutsamkeit, die sich auch in seinen Bildern über seine Heimatstadt New York wieder findet. Dass er diese Stadt liebt, steht außer Frage. Er versteht sich als ihr Chronist und als solcher hat er das Vergangene im Blick. Aufklaffende Farbstreifen, geborstene Farben, Fetzen von Papier: was aussieht wie Zerstörung oder wenigstens Beschädigung will das Vergängliche sichtbar machen. Der Betrachter hat sich seine präsentierten Arbeiten ähnlich vorzustellen, als stünde er vor einer Plakatwand, auf die Jahr um Jahr neue Plakate geklebt wurden – und die nun abgeschält werden und das Bemerkenswerte, das Aktuelle aus vergangener Zeit preis geben.

 

AVone One Way, Gemälde auf Leinwand, Foto © by AVone and 30works Galerie

 

„No Image Yet“ ist ein Titel. AVone zeigt sich in dieser Schau nicht als Dramatiker, doch die Komposition zeigt den Künstler. Die Twin Tower, ob sie da sind oder nicht, gehören für AVone zur Stadt. Der Stacheldraht in seinen Bildern ist Sinnbild für die Angst der Amerikaner nach 9/11 und ihre daraus resultierende Abwehr gegenüber Fremdem und Fremden. Sie haben sich selbst eingezäunt und New York ist um eine Attraktivität ärmer: der Offenheit.
     AVone schafft es mittels der Decollage, den Lebensatem, die ungeheure Pulsation dieser Weltstadt auf wenigen Quadratmetern Bildfläche darzustellen. Es sind seltene Portraits einer Stadt, die die Zukunft offenlassen. Die zu erfinden ist aber auch nicht die Aufgabe eines Chronisten.

 

 30works schreibt über AVone: Vom Underdog zum MoMA-Residenten

     "AVone wuchs als Halbwaise in ärmlichen Verhältnissen in Brooklyn auf und wurde so früh mit den sozialen Missständen seiner Heimatstadt New York konfrontiert. Ein Ventil fand der Teenager im Taggen von Hauswänden und Fassaden; wobei sich seine Techniken allmählich verfeinerten und zunehmend Aufsehen erregten. Er begann sich mit dem Werk stilbildender Künstler wie dem abstrakten Expressionisten Franz Kline und dem Land Art-Pionier Andy Goldsworthy auseinanderzusetzen, begeisterte sich für van Gogh und Warhol, zog Versatzstücke aus der Comic- und Hip Hop-Kultur hinzu und verarbeitete diese in Art Works, die bald in der ganzen Stadt Gesprächsthema waren.

 

AVone bei der Arbeit. Foto Courtesy 30works

 

Mit Anbruch der 2000er Jahre waren seine Tags überall in New York zu sehen - was leider auch die Polizei auf den Plan rief. Und so wurde Anthony Vasquez, der sich bis dato mit dem Verkauf einzelner Arbeiten mehr schlecht als recht über Wasser hielt, mehrfach verhaftet. Als dem Wiederholungstäter 2007 schließlich eine lange Haftstrafe drohte, eilte ihm ein Mann zu Hilfe, der bereits damals ein großer Bewunderer von AVones Arbeiten war und zu seinem bedeutendsten Mentor werden sollte: Evan Roth, weltberühmter Digital Art-Aktivist und Experimental-Künstler.
     Er zahlte AVones Kaution, nahm ihn unter seine Fittiche und rang ihm das Versprechen ab, fortan nicht mehr illegal zu arbeiten. Eine gemeinsame Arbeit der beiden Ausnahmetalente schaffte es bald darauf ins Museum of Modern Art, und als Roth schließlich das ikonische Tag AVones in gigantischer Auflösung auf die Brooklyn Bridge projizieren ließ, war endgültig der Durchbruch geschafft.
     Seine Werke sind auf der Art Basel Miami zu sehen, adeln das Setting von quotenträchtigen VH1- und HBO-Produktionen und tauchen in Videos und Streams ikonischer Hip Hop-Musiker wie Busta Rhymes und RZA auf. Und zum 50. Geburtstag des Basketball-Heroen Michael Jordan wurde niemand anderes als er mit der Neugestaltung des legendären „Air“-Logos beauftragt.“


Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

Die Ausstellung „AVone – The New Yorker“ ist bis zum 03. Januar 2015 zu sehen.
30works Galerie
Antwerpener Straße 42
50672 Köln
Tel. 0221 / 5700250
Öffnungszeiten
DI – FR 15 – 19 Uhr
SA 11 – 17 Uhr

 

Mehr www.30works.de
 

 

 

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