Archiv 2017
REGIONALE GESCHICHTE IN PULHEIM
„… und nenne Euch Preußen!“
Nach dem Wiener Kongress 1815 wurde die Region links des Rheinufers dem Königreich Preußen zugeordnet und ab 1830 offiziell „Rheinprovinz" genannt.
Quadriga auf dem Brandenburger Tor in Berlin, 1793 von Hofbildhauer Johann Gottfried Schadow geschaffen. Das Vierergespann, von Napoleon 1806 geraubt, kehrte 1814 nach Berlin zurück. Dem Wunsch Friedrich Wilhelm III. entsprechend erhielt es als Symbol des Sieges ein neues Emblem: das Eiserne Kreuz mit Eichenkranz und Preußenadler, Entwurf von Karl Friedrich Schinkel. Foto © א (Aleph) (commons.wikimedia.org) |
Eine Wanderausstellung erinnert derzeit im LVR-Kulturzentrum der Abtei Brauweiler in Pulheim an den Beginn der preußischen Verwaltung in der Region Rhein-Erft-Rur vor 200 Jahren.
Friedrich Wilhelm III. von Preußen, um 1830. Lithographie des Berliner Künstlers Wilhelm Devrient (1799–nach 1864), nach einem Bild des Lithographen und Tiermalers Franz Krüger (1797-1857).
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Nach dem Wiener Kongress 1815 erhielt das Königreich Preußen im Zuge der geänderten territorialen Grenzen als neue Westprovinzen Westfalen und das Rheinland zugeschlagen. Damit begann nach 20 Jahren der sogenannten „Franzosenzeit“ zwischen Wesel und Koblenz quasi eine neue Zeit.
In seiner Proklamation an alle neuen Untertanen, ob im Ex-Königsreich Westfalen oder der im Linksrheinischen gelegenen neuen Provinz Rheinland, gab sich der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. nationalistisch und als Sachwalter deutscher Interessen. „Und so, ihr Einwohner dieser Länder, trete ich jetzt mit Vertrauen unter Euch, gebe euch eurem deutschen Vaterlande, einem alten deutschen Fürstenstamme wieder und nenne Euch Preußen!“
Ein sichtbares Zeichen seines Denkens hatte der Preußenherrscher bereits im Frühjahr 1814 gesetzt. Nach der Niederlage Napoleons marschierte Friedrich Wilhelm III. in Paris ein und befahl, unverzüglich die Quadriga des Brandenburger Tors, die acht Jahre zuvor von Napoleon geraubt und als Trophäe nach Paris gebracht worden war, nach Berlin zurückzuführen.
Der über zweimonatige „Schwertransport“ erreichte in Düsseldorf rechtsrheinisches Gebiet und gelangte im Triumphzug in die Hauptstadt.
Den Bemühungen der preußischen Regierung, die Rheinlande in den Staat zu integrieren, stand von rheinischer Seite das Bestreben entgegen, regionale Eigenständigkeit zu bewahren (mehr).
Denn bekanntlich ist der Rheinländer, insbesondere der Kölner, eigenwillig und nicht so einfach zu nehmen, selbst wenn er an der Theke oft anders daherkommt. Schon 1820 war dem Berliner Schriftsteller Franz von Elsholtz hinsichtlich Kölscher Eigenarten klar: Diesen rheinischen Städter kennzeichne eine „Behaglichkeit über den eigenen Zustand“ und eine „Neigung zum Widerstande gegen Alles, was von außen her stören“ könnte.
Preußische Planungen aus den Zwanzigern: Die „Kraftwagen-Straße“ Köln-Bonn, heute A 555, war die erste Autobahn im Deutschen Reich. Die Strecke wurde später von der NS-Propaganda als „eigene Erfindung“ beansprucht. Foto © Archiv des LVR (ALVR), Bild 5, Nr.2 |
Permanentes Konfliktpotential lag während des gesamten 19. Jahrhunderts im Konfessionsunterschied zwischen dem protestantisch geprägten preußischen Staat und der katholischen Bevölkerungsmehrheit der Rheinprovinz (mehr).
Der Einfluss Preußens war gleichwohl vielfältig und nachhaltig. Verwaltung und Bildung wurden dank Berliner Richtlinien modernisiert. Preußische Baumeister schufen bahnbrechende infrastrukturelle Einrichtungen wie etwa die völlig neuen Autobahnen, deren Pilotstrecke Köln-Bonn 1932 in Betrieb ging.
Mit der Gleichschaltung der Länder unter den Nationalsozialisten 1935 endete die Geschichte Preußens de facto. Durch den Kontrollratsbeschluss der Alliierten vom 25.2.1947 wurde der Preußische Staat auch de jure aufgelöst.
rART
Die Ausstellung „… und nenne Euch Preußen!“ läuft bis zum 18. Juni 2017
LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler
Winterrefektorium
Ehrenfriedstr. 19
50259 Pulheim
Tel 02234 / 985 4240
Öffnungszeiten
Täglich 14-17 Uhr
Der Eintritt ist frei.