rheinische ART
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rheinische ART 01/2021

Archiv 2020

THOMAS RUFF
Die Bilder der Anderen

 

Er studierte die Fotokunst bei dem heute schon legendär zu nennenden Professor Bernd Becher an der Kunstakademie Düsseldorf: Thomas Ruff. Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen hat im k20 mit einigen seiner Werkserien der letzten 30 Jahre eine überzeugende Überblicksschau konzipiert.

 

Thomas Ruff tableau chinois_03, 2019, C-Print, 240 x 185 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn 2020


Es ist eine bedeutende Kollektion, denn Thomas Ruff wird nicht nur zu den bekanntesten, sondern auch zu den interessantesten Absolventen der Akademie - wie Susanne Gaensheimer, Direktorin der Kunstsammlung, bei der Präsentation hervorhob - gezählt.

     Dem Künstlerehepaar Bernd und Hilla Becher menschlich und ihrer ästhetischen Bildsprache fachlich blieb Ruff lange treu verbunden. Konzentrierte er sich anfänglich ganz im Stil der Becher-Fotoschule noch auf die schwarz/weiß Fotografie mit dokumentarischem Charakter, so waren es doch seine Künstlerkollegen, die ihn vermehrt zur Farbe brachten. Und zwar ganz einfach dadurch, dass sie von ihm ihre Kunstwerke fotografiert haben wollten. Und dies selbstverständlich in Farbe.

 

Thomas Ruff press++21.11, 2016, C-Print, Edition 02/04, 260 x 185 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn 2020


Und Ruff porträtierte seine Künstlerfreunde. Er tat dies im Stil von Passbildern, die ernste Mienen und klare, saubere Hintergründe verlangten. Doch nicht im bekannten Passbildformat, sondern in Übergröße und als Serie realisierte er diese Porträts. Das war in den 1980er Jahren ein kostspieliges Unterfangen, wie Ruff erzählt, doch ihm gefiel die durch die schiere Größe erreichte emotionale Kraft. Die Bedeutung dieser plakativen Porträts ist nicht hoch genug einzuschätzen. Heute wird der Künstler zu den Wegbereitern der künstlerischen Porträtfotografie gezählt.

 

Thomas Ruff Retusche 03, 1995, C-Print, handkoloriert mit pigmentfreier Retuschierfarbe, Edition 01/01 14,7 x 10 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn 2020

 

Thomas Ruff Installationsansicht K20, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, aus der Serie: Fotogramme, Foto: Achim Kukulies. © VG Bild-Kunst, Bonn 2020

 

Doch was hebt Ruff auf diesen ganz besonderen Schild, »interessant« zu sein? Tatsächlich waren und sind es die Bilder anderer, die seine Fotokunst ausmachen. Was ihn kennzeichnet ist ein offener Blick auf die Bilderflut in seinem Umfeld - und was ihn auszeichnet eine damit verbundene akribische Analyse der Bildinformationen. Die in gemeinen Bildern propagierte Wahrheit, unzählige Male veröffentlicht in Zeitungen, Katalogen, Broschüren oder Plakaten und heute milliardenfach im Internet, wird von ihm kritisch hinterfragt und auch schon mal, wie in der Serie „tableau chinois“, systematisch als künstliches Fake enttarnt.


Der Fotograf realisiert in seinen Werken eine andere Nähe zur Wirklichkeit. Er verändert seine Vorlagen mittels Farbe, Vergröberung, Vergrößerung, Verfeinerung, Verwischung… Die Möglichkeiten sind vielfältig. Unkenntlich macht Ruff die ausgewählten Bilder durch seine weitere, meist technische, Bearbeitung nicht unbedingt, aber er schafft sie als Kunstwerke im anderen Kontext neu. Und dies realisiert er gerne in Serien, auch, um die Veränderung im „Neuen“ konzeptuell als wahrhaftiges Element zu bestätigen.
     Als »Fotografie ohne Kamera« bezeichnet die Kunstsammlung NRW seine Herangehensweise an die Fotografie. Ein Fotograf, der nicht selbst fotografiert? Als Ruff sein künstlerisches Interesse auf die Bilder der Anderen lenkte, und das tat er bereits in den1980er Jahren, war das undenkbar. In jener Zeit war der Kunst- wie Künstlerbegriff noch erheblich fester gezurrt als gegenwärtig. Ist die Fotografie Kunst? war damals nicht allein ein Diskussions- sondern ein beherzt geführtes Streitthema. Und wirklich sicher war sich eigentlich (noch) niemand.

     Zudem herrschte der Gedanke vor, dass ein Künstler sein Kunstwerk allein erschaffen sollte. Copy & Paste als kreativer Input -heute zwar fragwürdige aber unanstößige Praxis- war außerhalb der Vorstellung.

 

Thomas Ruff m.n.o.p.01, 2013, C-Print, Edition 01/06, 47,3 x 60 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 © Thomas Ruff


Fragen erreichten Ruff sicherlich mannigfach und tatsächlich fand sein Suchen und seine Auffassung von Kunst in der Fotografie nicht nur Anklang. Doch sein Mentor Bernd Becher ließ ihn gewähren. Aus heutiger Sicht: Zum Glück. In Ruffs Arbeiten herrscht eine Großzügigkeit, die bis ins Kleinste durchdacht ist. Es ist eine Feinsinnigkeit, die sich durchaus hinter groben Pixeln verstecken kann.

 

Die Ausstellung im k20 offeriert als seine Bildquellen zum Beispiel die Weltraumaufnahmen der NASA mit Fotos ferner Planeten, offizielle Pressefotos mit militärischen Sujets, aber auch mit Porträts von Stars und Sternchen, oder Propagandabilder der Volksrepublik China.
Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

Sollte die Ausstellung aufgrund der Coronapandemie nicht wieder öffnen, wäre das mehr als bedauerlich. Derzeit gilt die Schließung bis zum 31.01.2021. Dem interessierten Leser empfehlen wir, auf das digitale Angebot des Hauses zurückzugreifen.

 

Die Ausstellung „Thomas Ruff“ ist nach derzeitigem Stand bis zum 07.02.2021 geplant.
K20 Kunstsammlung NRW
Grabbeplatz 5
40213 Düsseldorf
Tel. 0211 / 83 81-204
Öffnungszeiten
DI – FR 10 – 18 Uhr
SA + SO 11 – 18 Uhr

 

 

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